Intuition und Form. Erwin Bohatsch-Adrian Schiess 1. Juni 2006 bis 30. September 2006
In der vorliegenden Ausstellung stehen Konzeption und Realisierung in engem Verhältnis zu einer Bedeutung, die durch eine ganze Reihe möglicher Entscheidungsketten exemplifiziert wird. Die gezeigten Arbeiten der Künstler bieten eine interessante Grundlage für eine aktive Rezeption/Debatte. Ihre jeweiligen Oeuvres haben sich über lange Zeit geformt und verkörpern ein jeweils strenges, durchdachtes und originäres Verhältnis zur Malerei, das innerhalb der europäischen Gegenwartskunst beispielhaft ist. Sowohl Adrian Schiess als auch Erwin Bohatsch, zwei bedeutende Maler unserer Zeit, haben ein persönliches Profil und verfolgen einen respektlosen Weg, der beiden nach und nach von Trends und Zeitgeist fortgeführt und einer bedingungslosen Definition von Malerei angenähert hat. Doch sind diese Wege nicht nur verschieden, sondern vielleicht sogar entgegengesetzt. Trotzdem konzentrieren sich beide in ihrem Werk auf eine extreme präzise Neudefinition des Malakts, was von der Sichtweise unterschieden werden muss, was ein Gemälde sein kann. In strikt formalistischer Definition der historischen Entwicklung der Malerei als Leinwand oder „Tafelbild“ bis zu einer fast verwegenen experimentellen Serie sowie Malentwürfen: Sowohl Erwin Bohatsch als auch Adrian Schiess fordern nicht nur mögliche Räume und Erlebnisse, sondern auch den Begriff der Malerei selbst heraus.
Die Werke beider hier ausgestellten Künstler definieren, jedes für sich, die Ränder einer Grenze, die eng an der Grenze einer allumfassenden Diskussion über die heutige Malerei verläuft. Die beiden Künstler und ihre Werke schaffen Raum für einen dialogischen Prozess, der in den gegebenen Raum der Konfrontation Begriffe wie Raum und Zeit, Gemälde und Objekt, Leinwand und Tafel, Oberfläche und Farbe, Wahrnehmung und Licht, Ebene und Rauminhalt, Bewegung und Reflexion, Komposition und Form, rationale Ordnung und irrationale Systeme und so weiter einführt. Diese Begriffe werden als Entscheidungsfolgen präsentiert, die jeder Künstler für sich und seine Arbeit individuell treffen musste, aber auch für die Ausstellung als Ganzes und für die Ausarbeitung des physischen Raums und des geistigen Ortes, der die Arbeiten und Künstler hier zusammenhält. Diese Bedingungen betreffen in der Tat nicht nur Präsentationsmittel für jedes Werk, sondern auch einen eigenen Kontext, innerhalb dessen jede einzelne Arbeit Teil eines noch komplexeren Kontextes des Möglichen ist, in dem es wiederum erlaubt ist, unterschiedliche und heterogene Dinge in einer sinnvollen Konstruktion gegenüberzustellen. Letztere ermöglicht es den Arbeiten, auf einem optimalen Klarheitsniveau und im Lichte derselben Erleuchtung zu existieren. Die vorliegende Ausstellung ist eine komplexe Situation, die nichtsdestotrotz spezifisch und daher einfach wird, von dem Moment an, in dem die Partner und die Herausforderung, die Künstler und ihre Arbeiten, die Akteure und ihre Ziele, die Teilnehmer und die Vorgänge zusammenkommen und in einer einmaligen und einzigartigen Situation, einem Privathaus eines Sammlers, jene Möglichkeit exemplifizieren, durch die der Ort für die Werke existiert. Form und Intuition sind Teil jedes Künstlers und jedes Werkes – sie sind die Ausstellung an sich.
Denys Zacharopoulos, Künstlerischer Direktor Macedonian Museum of Contemporary Arts, Thessaloniki
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